Strasbourg: Für konsequente Rüstungskontrollen
08. Apr 2022
In Strasbourg trafen sich 60 in den Kirchen und verschiedenen Friedensinitiativen Engagierte aus Baden-Württemberg und Frankreich, um miteinander und mit Politikerinnen des Europaparlaments über Rüstungsexporte zu diskutieren. In einer gemeinsamen Resolution am Ende der ökumenischen Tagung fassten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre
• Forderungen zusammen.
Schon vor dem Krieg in der Ukraine hatte die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Baden-Württemberg zusammen mit den evangelischen Landeskirchen und den katholischen Bistümern in Baden und Württemberg eingeladen zu einer Tagung über Rüstungsexporte von 7. bis 8. April in Straßburg. Während des Treffens wurde deutlich, dass die kirchliche Kritik an Rüstungsexporten in Krisengebiete der Welt nach wie vor begründet ist. Staatliche Waffenlieferungen an die Ukraine, die angesichts des russischen Angriffskrieges vielen legitim erscheinen, seien zu unterscheiden von Rüstungsexporten nach Afrika, an Länder der arabischen Halbinsel und andere Krisengebiete der Welt, so ein Ergebnis der Tagung. Dort heize der primär aus ökonomischen Motiven getriebene Waffenexport Kriege wie im Jemen und regionale Konflikte zwischen Regierungen und Warlords an und führe zu Flüchtlingsbewegungen, die Menschen dann auch nach Europa trieben. Deshalb bekräftigten die Teilnehmenden in einer
Resolution, dass das im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verabredete restriktive Rüstungskontrollgesetz verabschiedet werden müsse. Dabei müsste auch zivilgesellschaftlichen Organisationen die Möglichkeit gegeben werden, gegen illegale Waffenlieferungen zu klagen (Verbandsklagerecht), da ansonsten die Opfer solcher Waffenlieferungen in Afrika, Asien und Lateinamerika kaum die Gelegenheit zur Klage hätten.
Zusammen mit den beiden Europaparlamentarierinnen Dr. Hannah Neumann (Die Grünen) und Özlem Demirel (Die Linke) und weiteren Experten aus der Friedens- und Konfliktforschung und dem Auswärtigen Amt diskutierten die Anwesenden, wie eine europäische Friedensordnung aussehen könne, die berücksichtigt, dass eine russische Regierung auch nicht vor einem Angriffskrieg zurückschreckt, um die eigenen Interessen durchzusetzen. Dabei wurde deutlich, dass eine dauerhafte Sicherheit in Europa nicht allein mit militärischen Mitteln erreicht werden könne. Die verstärkte Europäisierung der Rüstungspolitik habe zwar insofern Vorteile, als durch das Teilen von Entwicklungs- und Produktionskosten und die Vergrößerung des Marktes innerhalb der EU der Druck genommen würde,in Drittländer liefern zu müssen. Andererseits müsse diese Entwicklung unbedingt einhergehen mit der Etablierung gemeinsamer Kontrollmechanismen, da sonst die Gefahr bestünde, dass europäische Rüstungsexportbegrenzungen durch nationale Rechte ausgehebelt würden. Bekannt wurde in diesem Zusammenhang, dass mehrere europäische Staaten, darunter auch Frankreich und Deutschland, noch nach der Krim-Invasion und trotz Waffenembargos gegen Russland Waffen und militärisches Material im Wert von weit über 300 Mio. Euro nach Russland
geliefert hätten. Waffen, die zum Teil jetzt im Ukraine-Krieg auf russischer Seite zum Einsatz kämen.
Bei der Tagung stellten auch verschiedene von den Kirchen unterstütze Friedensinitiativen ihre Arbeit vor. Seit 2011 trägt die auch von Kirchen unterstützte „Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel“ eine Kampagne für strengere Rüstungsexportbestimmungen. Mit warfree war eine Initiative aus Sardinien bei der Tagung beteiligt. Entstanden ist diese aus dem Protest gegen die Herstellung von Bomben in einer Tochterfirma des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall auf Sardinien. Die Kampagne warfree vereinigt kleine und mittlere Betriebe, die sich verpflichten, unabhängig von der Kriegsindustrie nachhaltig zu wirtschaften, und bieten ihnen mit dem Label
„warfree“ eine gemeinsame Möglichkeit der Direktvermarktung. Auch diese
Initiative wird von deutschen und italienischen Kirchen unterstützt.
Die Teilnehmenden verabredeten, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen und in einer grenzüberschreitenden Initiative den Dialog mit der Europa-Politik fortzusetzen und für europäische Regelungen zur Begrenzung des Rüstungsexports einzutreten.